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Schopenhauers Kosmos

 

 Ideal und Real.

1) Bedeutung des Gegensatzes zwischen dem Idealen und Realen.

Der Gegensatz zwischen dem Idealen und Realen ist gleichbedeutend mit dem Gegensatze zwischen Erscheinung (Vorstellung) und Ding an sich. Das Ideale ist Das, was unserer Erkenntnis allein und als solcher angehört, das Reale ist das unabhängig von ihr Vorhandene. Die Frage nach dem Verhältnis des Idealen zum Realen ist also die Frage nach dem Verhältnis der Erscheinung (Vorstellung) zum Ding an sich. (N. 91. P. I, 3. W. II, 214.) Es ist falsch, diese Frage auszudrücken als Frage nach dem Verhältnis des Denkens zum Sein. (W. II, 215. P. I, 29 fg. Vergl. unter Anschauung: Verhältnis der Anschauung zum Ding an sich oder zum Realen.)

2) Kluft zwischen dem Idealen und Realen.

Die Vorstellung ist ein sehr komplizierter physiologischer Vorgang im Gehirne eines Tieres, dessen Resultat das Bewusstsein eines Bildes ebendaselbst ist. Offenbar kann die Beziehung eines solchen Bildes auf etwas von dem Tiere, in dessen Gehirn es dasteht, gänzlich Verschiedenes nur eine sehr mittelbare sein. Dies ist vielleicht die einfachste und fasslichste Art, die tiefe Kluft zwischen dem Idealen und Realen aufzudecken, deren man, wie der Bewegung der Erde, nicht unmittelbar inne wird. Nachdem Kant die völlige Diversität des Idealen und Realen am gründlichsten dargetan, war es ein kecker Versuch, durch auf angebliche intellektuale Anschauung sich berufende Machtsprüche die absolute Identität beider behaupten zu wollen. (W. II, 214. N. 91. P. I, 104. W. II, 8.)

3) Durchschnittslinie zwischen dem Idealen und Realen.

Das Hauptbestreben der neueren Philosophie seit Cartesius, das Ideale (unserer Erkenntnis Angehörige) von dem Realen (an sich Seienden) rein zu sondern, durch einen in der rechten Linie wohlgeführten Schnitt, und so festzustellen, was dem Idealen und was dem Realen zugehört, hat zu mancherlei verfehlten Versuchen geführt, welche die Durchschnittslinie zwischen dem Idealen und Realen am unrechten Ort zogen, indem sie zum Realen rechneten, was noch zum Idealen (zur Vorstellung) gehört. Erst nachdem Kant die Idealität der ganzen anschaulichen Welt nachgewiesen und das Ding an sich (das Reale) als x von ihr geschieden hatte, tat Schopenhauer den letzten Schritt durch Nachweisung des Willens als Dinges an sich und Sonderung desselben von der objektiven Welt, der Welt als Vorstellung. Demnach fällt nunmehr die Durchschnittslinie zwischen dem Realen und Idealen so aus, dass die ganze anschauliche und objektiv sich darstellende Welt, mit Einschluss des eigenen Leibes eines Jeden, samt Raum, Zeit und Kausalität, mithin samt dem Ausgedehnten des Spinoza und der Materie des Locke, als Vorstellung dem Idealen angehört, als das Reale aber allein der Wille übrig bleibt. (P. I, 3—21.)